Stauder-Stiftung 
und Prof. Dr. Wolfgang Frhr. v. Stetten


Die ersten zwei Seiten des bemerkenswerten Buches »Mein Name ist Marytė« von Alvydas Šlepikas sagen alles was nach 1945 in Ostpreußen und Litauen passierte.
Der letzte Satz »das ist Nachkriegspreußen, zertreten, vergewaltigt, erschossen« zeigt die verzweifelte Situation dieser Menschen und der Kinder, die in Litauen »vokietukai« »die kleinen Deutschen« genannt wurden und erst in den 90iger Jahren sich der Begriff »Wolfskinder« verfestigte. Das Buch ist zwar ein Roman, kommt der Wirklichkeit aber sehr, sehr nahe.
Christopher Spatz, der seine Dissertation über »Ostpreußische Wolfskinder« 2015 schrieb, führt aus: „Der Vorsitzende der Deutsch-Baltischen Parlamentariergruppe, Prof. Dr. Wolfgang Frhr. v. Stetten verwendete seit seinem ersten Kontakt mit Vertretern des Vereins Edelweiß im Jahre 1992 den Begriff in allen offiziellen Schreiben, so dass die Bezeichnung aus praktischen Gründen bald auch vom Bundesministerium des Innern, dem Bundesverwaltungsamt und der Deutschen Botschaft in Vilnius übernommen wurde.
Diese erste Begegnung mit Prof. Dr. Wolfgang Frhr. v. Stetten fand im Dezember 1992 in Kaunas statt, die der Signatar und Abgeordnete Antanas Racas organisiert hatte und zu der auch die Staatssekretärin im Innenministerium, Frau Gertrud Dempwolf, hinzukam. Das war ein einschneidendes Erlebnis und Wolfgang v. Stetten beschloss sich dieser vergessenen Deutschen, die Jahrzehnte ihre Identität verschweigen mussten und dadurch den Krieg 40 Jahre länger verloren hatten, anzunehmen.
Viele konnten kein Deutsch, weil ihnen strengstens verboten war als Kinder deutsch zu sprechen und einige konnten sogar weder lesen noch schreiben, weil sie als Kinder keine Schule besuchen durften.

Frau Hedwig Stauder hatte 1986 noch zu Lebzeiten eine Stiftung gegründet und Prof. Dr. Wolfgang Frhr. v. Stetten beschloss als Mitvorstand mit ihr 1992 die ersten Geldspenden zu den Wolfskindern zu bringen und über diese Stauder Stiftung Spenden anzuwerben. 

Frau Stauder starb hochbetagt 1996 mit 94 Jahren. Trotzdem werden sämtliche Spendenaktionen über diese Stiftung abgewickelt.

Auch wenn es zunächst nur DM 30,00, DM 50,00 oder DM 60,00 waren, es war fast eine zweite Rente zu dieser Zeit und eine große Hilfe.

Schlimm – und für manche Wolfskinder zum Verzweifeln – war die deutsche Bürokratie. Sie hatten nach deutschen Gesetzen mit der Annahme der litauischen Staatsbürgerschaft 1991 ihre bis dahin geltende deutsche Staatsbürgerschaft verloren.

Welch‘ grausame Bürokratie. 40 Jahre lang mussten sie ihre deutsche Herkunft verleugnen unter der sowjetischen Diktatur und verloren nach der Wiedererlangung der Freiheit des Litauischen Staates die deutsche Staatsbürgerschaft. 
Die Kämpfe mit dem Innenministerium endeten mit einem faulen Kompromiss. 
Die Wolfskinder konnten unter erleichterten Umständen den Antrag auf Wiedereinbürgerung stellten. Eigentlich eine Zumutung, für die 40 Jahre durch das besondere Schicksal gebeutelten wenigen hundert Deutschen.
Oft halfen nur persönliche Interventionen durch Wolfgang v. Stetten bei Landräten und Regierungspräsidenten, um die Verfahren zu beschleunigen.

2006 wollte er die Spendenaktion – über die etwa DM 800.000,00 geflossen waren – beenden. Bei einer Abschiedsveranstaltung in Šiauliai, bei der etwa 120 Damen und Herren teilnahmen, sah er den immer noch erbärmlichen Zustand und er kannte von den Meisten die einzelnen Schicksale. 

Deshalb begann er mit einer neuen Aktion unter dem Motto: „150 Litas mtl. für die Wolfskinder“ mit vielen hundert Spendenaufrufbriefen. Bei Vereinigungen wie den Rotary, den Johannitern, Chaîne des Rotisseurs, dem Umfeld von Schloß Stetten und persönlichen Freunden. Es war bis heute erfolgreich und so wurden aus 100 Litas 300,00 Litas und schließlich 450 Litas und mit Einführung des Euros € 150,00 mtl. Die Gelder flossen jeweils auf ein eigenes Konto, für Viele das erste Konto in ihrem Leben.
Die Zahl der Empfänger ist inzwischen auf 40 gesunken. Sie haben in dieser Zeit rd. € 12.000,00 erhalten und erhalten weiterhin jährlich ca. € 2.000,00.

Wolfgang v. Stetten ist allen Spendern sehr dankbar, die oft jahrelang regelmäßig oder auch bei Erbschaften oder Geburtstagen an die Wolfskinder dachten. Es waren nicht nur Glücksmomente für die Empfänger, sondern auch für ihn als Organisator, Verwalter und Verteiler dieser Spenden, die alle 1:1 weitergegeben wurden, ohne jeden Abzug für Verwaltung oder Reisekosten und immer wieder aufgerundet wurden.

Die Dankbarkeit der Empfänger wurde an die Spender weitergeleitet.
Hedwig Stauder, als Namensgeberin der Stiftung, und Christel Härle, mit einer Erbschaft als größte Spenderin, hätten ihre Freude an der Dankbarkeit.

Mit diesen monatlichen Zahlungen sollen ein klein wenig die Wunden der schrecklichen Jahre nach dem Krieg, aber auch die Verletzungen durch die deutsche Bürokratie, gemildert werden. Sie soll denen, die viel gelitten, erduldet und ertragen haben, einen halbwegs würdigen Lebensabend ermöglichen.

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